Raubgräber in Ostercappeln

Bei einer Routine-Besichtigung des Großsteingrabes Haaren 15 (auch bekannt als Dübberort 1 bzw. Osthaar-Nord) entdeckten die Vorsitzenden der Gesellschaft für Steinzeitforschung zwischen Ems und Weser zahlreiche Raublöcher, die sie umgehend der zuständigen Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück meldeten.
In der Zeit von Donnerstag (16.04.2020) 14:00 Uhr bis Freitag (17.04.2020) 14:00 Uhr haben Unbekannte dutzende Löcher im Grab und in der näheren Umgebung des Grabes in den Boden gewühlt. Das völlig unsystematische Muster und das häufig beobachtete Wiederaufsetzen der Grasnarbe auf den Löchern sowie Spatenabdrücke und Fußspuren auf den festgetretenen Soden weisen darauf hin, dass hier Raubgräber mit der Metallsonde unterwegs waren. Sie hatten vermutlich erhofft an der Fundstelle, die durch ein Hinweisschild als prähistorische Stätte gekennzeichnet ist, verborgene „Schätze” im Boden zu finden.

Ein deutlich sichtbares Hinweisschild kennzeichnet die Fundstelle eindeutig als Kulturdenkmal .

Grabräuberei, das illegale Suchen nach Bodenfunden im Bereich archäologischer Fundstellen, ob mit oder ohne Metalldetektor, ist eine Straftat, sofern dabei ein wesentlicher Teil des Kulturdenkmals zerstört wird. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zwei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft (vgl. §34, Abs. 1 Nds. DSchG). Ferner benötigen alle, die in Niedersachsen mit einer Metallsonde unterwegs sind und damit den Erdboden nach Funden absuchen (egal, ob es sich um eine archäologische Fundstelle, ein Acker oder das private Grundstück handelt), eine Zertifizierung als Sondengänger, ansonsten ist dies eine Ordnungswidrigkeit. Eine Ordnungswidrigkeit liegt auch dann vor, wenn archäologische Funde nicht der zuständigen Stelle gemeldet werden – die zuständige Stelle ist die Kommunalarchäologie oder die Untere Denkmalschutzbehörde. Die Ordnungswidrigkeiten können mit Geldbußen bis 250.000 Euro geahndet werden (vgl. §35 Nds. DSchG).

Eine Kartierung der Raublöcher aus der unmittelbaren Nähe des Grabes – darüber hinaus gab es weitere entlang der Wege.

Raubgräberei ist ein Verbrechen an unserem kulturellen Erbe. Nicht nur, weil durch die Raubgräberei Funde zerstört, verschleiert und mitunter für den selbstsüchtigen Profit verkauft werden, die damit der wissenschaftlichen Erkenntnis und unserem Zugang zur Entschlüsselung der Vergangenheit entzogen sind, sondern auch, weil die unkontrolliert in den Boden eingebrachten Suchlöcher unwiederbringlichen Schaden an dem Bodendenkmal als Ganzes anrichten. Fundzusammenhänge werden zerstört und damit für alle zukünftigen Generationen vernichtet. Das ist weder ein „Kavaliersdelikt“ noch ein „Lausbubenstreich“. Raubgräber sind asozial und profitgierig, sie handeln zutiefst unmoralisch und vernichten unsere Geschichte.

Eines von zahlreichen Raublöchern, die wird vorgefunden haben.

Dank der sofortigen Hilfe unseres 2. Vorsitzenden Guido Groneik konnten die Raublöcher bei Haaren 15 eingemessen und der Auswurf nach herausgewühlten relevanten archäologischen Funden abgesucht werden. Zutage kamen Fund, die für die Raubgräber uninteressant waren: Keramik und Steinartefakte. Noch am Freitag konnte am Rande eines der durchwühlten Löcher eine unverzierte neolithische Wandscherbe gefunden werden. Ein Hinweis darauf, dass die Verbrecher in befundführende Schichten vorgedrungen sein könnten und damit das Bodendenkmal beschädigt haben. An den Tagen darauf wurden weitere Keramikfunde gemacht, darunter auch tiefstichverzerte Stücke.

Ein paar Funde sind den Raubgräbern entgangen und werden nun inventarisiert.

Die Funde werden nun gesäubert und inventarisiert. Sie dienen zusammen mit der Kartierung der Raublöcher der Dokumentation dieses Vorfalls, der fortan mit der Geschichte des Grabes verknüpft bleibt. Ein Makel unserer nach vermeintlichen Schätze giernden Gesellschaft.

Die geretteten Funde werden inventarisiert.

Dabei gibt es durchaus auch sehr fruchtbare und positive Zusammenarbeit zwischen Sondengängern und der Archäologie. Aber wann immer ihr Sondengänger seht, habt den Mut und lasst euch ihre Genehmigung zeigen, die sie schriftlich immer bei sich führen müssen. Diejenigen, die mit der Archäologie zusammenarbeiten, werden euch die Genehmigung freudig zeigen und euch mehr über ihre Arbeit und die Funde berichten, die sie der Archäologie melden. Wenn sie sich jedoch nicht als legitimiert ausweisen können, dann ruft die Polizei, macht Fotos, lasst euch am besten Funde zeigen, damit ihr sie später beschreiben könnt.

Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz (Nds. DSchG) kann hier eingesehen werden.

Weitere Informationen zur Feldbegehung mit der Metallsonde entnehmt ihr der Broschüre:

Jochen Brandt/Daniel Nösler, Mit der Metallsonde unterwegs in Niedersachsen. Sondengänger als Helfer der Archäologie (Aurich 2019).

Broschüre zum kostenlosen Download

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